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Zunigunde  im Besonderen    November 2006...  - ende
Das Zunipferd Mißtrauen Vertrauen Hufe Geben Springen Rückwärtsgehen Grundausbildung Dominanz Gerte als Schutz
   
  Nachdem das Eis gebrochen war, stellte sich sehr schnell heraus: 
   

Das Zunipferd

ist absolut gutwillig, kooperativ, selbstbewußt und voll naiven Vertrauens.
Ganz offensichtlich spielt es, sobald die Forderung erst einmal klar ist - und nicht unbillig, aus eigenem Antrieb mit. Darum sind die Dinge so möglich geworden, wie ich sie hier beschreibe. Es verweigert sich nur, wenn es sich vor etwas fürchtet. Die eigentliche "Arbeit" besteht darin, die Furcht aufzulösen. Widerstand entsteht natürlich auch, wenn allzu lästige Anstrengungen drohen. Hier hilft (bisher) stets ein wenig Überzeugungsarbeit. Mag also sein, daß ähnliches Vorgehen bei anderen Pferden scheitert. Scheitern wird sicher, wer ungeduldig wird, oder zornig, oder sonstwie dazu neigt, die Beherrschung zu verlieren.

Wobei ich beachtet wissen möchte, daß meine Worte sich weniger auf konsequent denaturierte Boxenpferde beziehen, oder nicht weniger bedauernswerte 'Sportgeräte', Dressur stur, oder Springen, irgendsoeine Mehrkampf-Variante womöglich. Dort wird ein selbstbewußtes Pferd wohl eher als unangenehm empfunden. Warnungen dieser Art erhielt ich reichlich. Meine Worte beschreiben einen (m.E. stetig gelingenden) Versuch und sind an solche gerichtet, die keine Furcht vor ihrem Pferd haben, und die einen starken Partner vorziehen, einen, der auch in unbekanntem Gelände weder die Nerven noch die Beine verliert.
 

hochMißtrauen

Dieses Grundproblem stellt sich mir inzwischen so dar:
Zuni war in der Herde zwar nie die dominante Stute, aber sie ist stets diejenige gewesen, die etwa eine neue Brücke betreten oder Veränderungen in der Umgebung ergründet hat, die neue Wege ging, bevor die Herde nachkam. Das Beispiel einer Brücke ist symptomatisch. Erst stand sie davor und sah sich die Sache in Ruhe an, blickte dann nach rechts und verweilte ein paar Sekunden, blickte nach links und verweilte ein paar Sekunden, sah sich den Weg nochmal an, gab sich schließlich einen Ruck und ging vorsichtig auf die andere Seite. Die restliche Gruppe kam im Trabe hinterher. D.h, Sie war es gewohnt, die Situation zu kontrollieren. Jemand, der an ihr rumfingert, war ihr fremd und mußte naturgemäß erst einmal äußerstes Mißtrauen erregen. Jemand, der ihre Bewegungsfreiheit auch nur im geringsten einengen zu wollen schien, war ein natürlicher Feind. Im grunde hat sich hieran auch nichts geändert, es ist lediglich das Vertrauen immens gewachsen - s.u. - wodurch auch sehr heikle Situationen ohne nennenswerte Probleme handhabbar geworden sind.
Beim Führen auf einem neuen Weg an unbekannten, erschreckenden Gebäuden vorbei - mit unheimlichem Geräusch und widerlichem Gestank (Rinder, Schweine, Schafe) - fiel mir auf, daß das Pferd sich am kurz gehaltenen Strick offenbar derart bedrängt fühlte, daß es vehement den Gehorsam verweigerte. An der locker gefaßten Leine, lange Gerte leitend und eher beschützend an den Leib gelegt ging's auf einmal. Zwar erst noch sehr zappelig, aber es ging, und vorher nicht.
 

hochDominanz

Ich folgere daraus, daß, wer einer derart mißtrauischen und zugleich selbstbewußten Stute nahekommen will, das einzig und allein nur kann, indem er ihr Vertrauen gewinnt. Er wird ihr vor allem erst einmal beim Bewältigen heikler Situationen Sicherheit zu geben haben. Z.B. ist das Anbinden (noch immer) nicht möglich, d.h. gewaltsames Festhalten bei gleichzeitigen Druck auf das Genick, was dem Pferd offenbar das Gefühl restlos versperrter Fluchtwege zu geben scheint. Es liegt auf der Hand, daß Vertrauen nicht durch strafen, brüllen, zerren, kreischen oder sonstwie unbeherrschtes Rumtoben erreicht werden kann. "Einfach nur" beständiges Vorhandensein ist auch eine Form der "Dominanz", pausieren, notfalls abbrechen und am nächsten Tage weitermachen, bis zum Erfolg. Diese Form der Dominanz ist Überlegenheit aus eigenem Selbstverständnis, sie bedarf nicht der Markierung an der Schwäche anderer. Sie ist Ergebnis der eigenen Sicherheit, eine Situation meistern und das Ziel erreichen zu können, ohne griffige Ausrede für möglicherweise eigenes Versagen.
 
Ein recht einfacher Weg. Er verlangt allerdings Geduld und Zuwendung (und Kondition sowohl beim Reiten als auch beim Mitrennen;) - die sich dank außerordentlich verlässlicher Resultate glänzend bezahlt machen.
 
Im größeren Herdenverband: Das eine 'dominante' Pferd dominiert dadurch, daß es durch den Einsatz seiner Kraft zunächst einmal jeden unerwünschten Eindringling vertreibt, und dann sich selbst den Vorrang beim Fressen, an der Tränke, auf der Wiese und beim Kampf um 'seinen' Menschen sichert. Die andere Variante ist das leitende Pferd, nach dem sich alle anderen von sich aus richten, weil es stets das Richtige tut, neue Wege erkundet, zur rechten Zeit vor Gefahren warnt &c. - Schutz und Erkundung. Intakte Herden haben beide Varianten.

Überrascht hat mich die Erkenntnis, daß ungeachtet gängiger Lehrmeinung es keineswegs den absoluten Zwang zum sofortigen erzieherischen Erfolg gibt. Man darf scheitern, man darf für den Augenblick sogar aufgeben. Womit ich nicht bestreite, das es Situationen gibt, die konsequent durchgestanden werden müssen. Offensichtlich kommt es hierbei ganz besonders auf den richtigen Augenblick an. Grundsätzlich aber darf auch beim Pferd - so hat mir das Meine es jedenfalls gezeigt - ein bestimmter Lernvorgang sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, und es sind dabei durchaus auch nennenswerte Unterbrechungen erlaubt. Einen Weg ausloten ist in Ordnung, Verweilen, Nachdenken, Irrtum, Umkehren, Kämpfen, Rückwärtsrteiten, alles möglich, nur nicht stures Beharren auf einem Weg in eine Sackgasse - oder Unentschlossenheit. Klar, wer sollte einem solchen Reiter noch trauen? Gedanken über den Erziehungseffekt erübrigen sich.

Es wird wohl auch "dominant" gehen; schließlich darf der Wille eines Tieres nicht über dem des Menschen stehen, "brechen" heißt das, und Kadavergehorsam ist Erfolg. Blödsinn! Zwang vertieft die Furcht! und das am Ende vielleicht resultierende 'Funktionieren' mag gut sein für Dressur-, Spring-, Wach-, Kampf- und Beißpferde nebst humanischen Kontrollinstanzen. Man wird ja wohl sogar zum Weltmeister des (Dressur-)Reitens werden können, auf eine solche Weise. Beim geländegehenden Alltags- und 'Verlaß'pferd ist das m.E. eher gefährlich. Am Ende 'Freizeitpferd' schließlich degeneriert die Erziehung zum Selbstzweck. "Hyperflexion" und "kontrollierte Hilflosigkeit", oder Latschen auf der Vorhand. Was sind gnä' Frau heut wieder dominant gewesen, und die Mutti fühlt sich. Mißverständnis, wie ich meine, Manifest der Dummheit und des Ungeschicks. Wie weit mag eine solche "Ausbildung" tragen?
Der Gehorsamssprung wurde vorsichtshalber ja immerhin längst abgeschafft.

Es gibt auch die religiöse Variante: Man postuliert eine Bedrohung und verspricht zugleich die Erlösung von allem, was Angst macht. Im Falle Pferd flößt man ihm durch Fortschicken innerhalb eines kreisförmig eingegrenzten Areals (Longierzirkel, round-pen &c) gehörig Angst ein, worauf es zwar fortlaufen, sich aber der als solcher verspürten Gefahr dennoch um keinen Meter entfernen kann. Ist es dann hinreichend demoralisiert, wird es seine Schutzbedürftigkeit deutlich zeigen und der kluge ‘Ausbilder’ wird ihm dann gestatten, sich zu nähern, um bei ihm Schutz zu finden. - Manche nennen sowas "join-up", bei mir heißt es schlicht Psycho-Terror, Religion eben.

Die Beobachtung zeigt mir vielmehr das ganze Dominanzgetue als überwiegend auf die persönlichen Defizite krankhaft pädagogisiersüchtiger Damen gründend, wie auch ganz allgemein kein Gespräch möglich zu sein scheint, das nicht durch wenigstens eine abschließend ultimate Belehrung gekrönt würde. Grobheiten der offenen und der verborgenen Art. Beides Quatsch. Beim Zunchen ganz gewiss, denn für was soll ich ein Pferd disziplinieren, das sich mir aus freien Stücken zugewandt hat! und das, wenn es an der Zeit ist, alles immernoch freiwillig tut. Gewiß müssen auch diesem Pferd gelegentlich seine Grenzen gezeigt werden - wenn es sich anschickt, sie zu überschreiten. Das ist es dann aber auch!
 
Kleines Beispiel: Bei der barockpferdehöflichen Hauptpostschaffnerin Huschke hat das hungrige Zunchen doch glatt nach der dominanten Dame treten wollen, als es sich vor der eigentlichen Fütterung beim Gras zupfen durch hinterrücks auftretendes Gewimmel von Dame (na ja...) nebst Pferd gestört fühlte. Abgesehen von der - m.E. ebenso däm- wie überheblichen - Ignoranz gegenüber meinen mehrmaligen Warnungen, daß ein hungriges Zunchen ein sehr gefährliches Zunchen sein könne, zeigt sich überdeutlich, was die durch herrisches Gehabe, Gekreisch und Rumgehampel zwanghaft dargestellte 'Dominanz' im Ernstfalle wert ist. Nebenbei, nichtmal seine Decke hat die Gute Frau ohne meine Hilfe auf‘s Pferd gekriegt, und beim ortsüblichen Mistwetter auf die ortsübliche Matschkoopel bringen konnte sie das Zunchen auch nicht ohne Hilfestellung. Soviel dazu - ENDGÜLTIG.

Nun also zur Frage "Wie erzieht man ein dominantes Pferd", die als Text der Internetsuche einen mir unbekannten Leser auf meine Seiten führte.
Die erste Antwort: Nicht das Pferd beherrschen wollen, sondern ihm behilflich sein!
Die erste Gegenfrage: Muß man wirklich "erziehen"? Oder besser, was verstehen wir unter "erziehen"? Für mich ist "erziehen" das Verbiegen natürlicher Verhaltensweise. Sicher in gewissen Grade nötig, um Gefahr von Unbeteiligten abzuwenden, auch, um den täglichen Erfordernissen der Pflege gerecht werden zu können, Putzen, Schmied u.dgl. Sicher aber vollkommen verfehlt, um den natürlichen "Beruf" des Pferdes zu formen. Einem Pferd, das - aus seiner Sicht - die Gruppe zu ordnen und zusammenzuhalten hat, kann unvorsichtige Erziehung den Lebensinhalt nehmen. Das Gerittenwerden aber vermag einem solchen Individuum diesen Lebensinhalt nicht zu ersetzen. Nutzen wir sein Selbstverständnis! Wie gut ist es z.B, wenn beim Abholen von der Koppel andere Pferde am Tor aus Respekt nicht zudringlich werden. Jene mit irgendwelchem Gerät vescheuchen ist keine Alternative! Nicht Respekt vor der betr. Person entsteht, sonder lediglich Furcht vor dem Gegenstand. Trefflich, wenn das dann eine Longe war oder der sonst zum Abholen benutzte Führstrick! Man kann Pferden auf diese Weise auch gut die Angst vor der Gerte beibringen - aber hilft uns das? Dann, einem davoneilenden Pferd Hinterherlaufen mag man ja auch als eine Variante "Pferdesport" ansehen. Immerhin. - Wenn schließlich das eigene, in der Rangordnung nicht so sehr ausgezeichnet Pferd seinem Besitzer munter folgt, weil der in der Lage ist, Schutz zu vermitteln, ist auch das sehr hilfreich. Und wieder ist dabei Krakehlen oder heftiges Gehampel und Herumwedeln mit Gegenständen ganz sicher kein nachhaltig und verlässlich wirksames Mittel. Davon abgesehen, daß nur eine Vorgehensweise ohne Werkzeuganwendung unter allen Umständen stets verfügbar ist. Wir sind präsent. Wir sind bestimmt! Selbstsicherheit und Klarheit im eigenen, zielstrebigen Verhalten, mehr brauchen wir nicht. Betrachten wir doch einfach, wie Pferde einander die Vorstellung(!) von der eigenen Position in der Gruppe deutlich zu machen pflegen: Kopfschlagen, insbes. bei Stuten gelegentliches Umdrehen und die Hinterbeine Lüpfen - was sich sehr leicht ‘pferdeverständlich’ imitieren läßt (einfach die Hacken hoch), oder bei den Jungs sich Erheben - was wir durch die eigene Aufrichtung (ohne jegliches Zurückweichen!) darstellen können, und, immer wieder dasselbe, deutliches Vorhandensein, Sturheit mitunter, bis hin zu gekonntem ‘Böseblicken’. Das genügt, die strengeren Maßnahmen brauchen wir nur sehr selten! Wie das genau aussehen muß, läßt sich an jeder beliebigen Gruppe von Pferden beobachten, besonders deutlich z.B. nach dem Füttern an der Tränke.
Der Worte genug, denn in seiner überwältigenden Tiefe kann ich das Phänomen der Verständigung zwischen zwei so unterschiedlich gearteten Individuen mit Worten allein nicht beschreiben. Wer mehr wissen will - und es womöglich selber erleben - mag fragen … (oder weiterlesen :)
 

hochVertrauen

[6/08] - Ein Ziel ist erreicht: Chef? Wozu! Wir suchen - und fanden! - die Verständigung.

Beim ersten ernsthaften Ausritt in völlig unbekanntes Terrain gerade erlebt: Da bewältigt meine Zuni voller Vertrauen eine neue Situationen nach der anderen, geht aber plötzlich nicht mehr weiter, weil sie sich schließlich doch vor etwas fürchtet. Wenn ich nun mein Pferd unter mir zittern spüre, weiß ich doch, daß es ohnehin schon weit mehr gewagt hat, als es auf sich allein gestellt getan hätte - es würde eine solche Situation von vornherein sicher vermeiden. Soll ich ihm dann auch noch die Gerte geben, oder die Sporen? Schwachsinn! Denn, wenn ich ihm nur ein paar Sekunden Zeit lasse, sich die Sache anzusehen, und es dann die mutmaßliche Gefahr spürbar voller Selbstvertrauen in aller Ruhe überwindet - und fortan bei ähnlichen Situationen völlig unbeeindruckt bleibt - wer will uns dann noch mit seinem blöden Dominanzgefasel imponieren! [27.12.06]

Kurz darauf mein schönstes Zwischenergebnis:
Unterwegs ein wenig Grasen. Ungemütlich, Wind - Regen - Sturm - Geräusch... Pferd will weiter, scharrt, schubst an mir rum, dreht sich zu mir, drängelt. Ich steige auf - und mein Zunipferd steht gelassen da. Ruhig und fleißigen Schrittes geht's weiter. Beginn der Verständigung?

[mehr]
Immens wichtig sind Vertrauen, Grundlage allen Tuns und lebenserhaltend, und Vertrautheit, ohne die unbefangen naiver Umgang und vollkommene Offenheit nicht denkbar sind. Kräfte, deren Macht grenzenlos scheint. Und zweifellos, ohne großes gegenseitiges(!) Vertrauen hätten wir so schlimme Sachen wie die Huschke schwerlich überstanden!

 

hochGerte

 

Die Gerte wird - weil das Pferd selbst sie dazu macht! - zum verlängerten Arm, sozusagen zur Hand am Stiel, die im schlimmsten Falle vielleicht einmal ein wenig nervt, niemals straft, die einen freundlichen Vorwärtsimpuls gibt und darüber hinaus in besonders wertvoller ‘Nebenwirkung’ bei heiklen Situationen dem Pferde Schutz zu vermitteln geeignet ist!
WIE?
Da ist Sunny, ein Pferd, das lernt, wie man geritten wird [4/11]. Ausgelöst durch die extrem heftige Reaktion nach versehentlichem Berühren der Kruppe beim Aufsitzen habe ich das Augenmerk erst einmal wieder hauptsächlich auf die bei ungebrochener Aufmerksamkeit gelassenen ruhigen Bewegungen gelegt, um die Gewöhnung an‘s Gerittenwerden ansich zu festigen und um insbes. die Berührungen durch Wade und Gerte als Vorbereitung der ‘Hilfen‘ zu unterstützen.
Auch dies wieder NUR durch Vertrautheit und Vertrauen. Erst die Furcht vor dem unbekannten Gegenstand, auch die Erinnerung an (vor meiner Zeit, wenn auch nicht allzu heftig) gehabte Bestrafung. Gewöhnung bildet Vertrautheit. Aufsitzen mit Gerte. Diese NIE versteckt, stets gezeigt. Sowie die leiseste Unruhe entstand, Gerte einfach beiseite geworfen. Auch dies wieder SICHTBAR! Kleiner verschreckter Hüpfer stört nicht, ist eher ein nützlicher Anlass, das Pferd mit beruhigenden Worten von deren Harmlosigkeit zu überzeugen. Allmählich beim Reiten die Gerte sichtbar gemacht, Pferd beiläufig bei der Schulter und in der Gegend der Schenkellage berührt, dabei mit sanften Worten die Normalität der Situation unterstützt. Immernoch bei der leisesten Reaktion, die auf Beunruhigung durch das Vorhandensein der Gerte schließen läßt, dieselbe einfach fallen gelassen. Ihm dabei immer ein wenig mehr Durchhalten abgeluchst, mehr durch Überredung, nicht durch Ausharren. Nie dem Pferd auf die Nerven gehen. Allmählich wird man ein wenig neugierig, vor allem aber weitgehend neutral. Wir beginnen nun mit der Verbindung Gerte in Schenkellage und Schenkeldruck (nicht wirklich Druck, eher Berührung!) in den Wendungen. Gerte zappelt ein wenig, um den Schenkeldruck anzudeuten, Schenkel liegt entsprechend leicht an, im - zumeist umgehenden - Erfolgsfalle wendet das Pferd entsprechend und wird umgehend deutlich gelobt: Streicheln, Widerrist kraulen, ‘brav’ sagen, Knabberschnipsel in‘s Maul stecken, was auch immer; hauptsache deutlich und dem Pferd verständlich. Wir probieren dann auch bereits die erste Vorhandwendung, die wieder spontan gelingt, nicht gleich so gut wie bei‘m Zunchen, aber doch deutlich. Dann auch mal ein paar Tritte Schenkelweichen und Schultervor. Beides gelingt! Nun, nachdem die Verbindung zur Schenkelhilfe ruhig und sicher geknüpft war, erstmals Gerte als ‘Lockmittel’ z.B. zum Angaloppieren eingesetzt: Flanke berührt und die Gerte ein wenig hin- und herbewegt, mehr nicht. Beim - zunächst aus der einfachen Temposteigerung folgenden - Anspringen wieder das Lob und die Gerteneinwirkung beendet. Pause. Braves Pferd!
Gut. Nun die Schutzfunktion: Da die Arbeit im Freien stattfand, gab es immer wieder Unruhe durch äußere Einflüsse. Dabei Gerte beruhigend an‘s zappelige Pferd gelegt, vor der Schulter, an der Flanke, auch schon mal den Hals entlang gestrichen, oder sie sichtbar als zaunartige Begrenzung zwischen Pferd und mutmaßliche Gefahrenquelle gehalten. Der Erfolg zeigte sich sehr schnell: An einem Teil der Reitplatzumzäunung ist es offenbar besonders gefährlich. Dort sind - außerhalb! - bei stürmischem Wetter gelegentlich schon mal ein paar Äste runtergekommen. Deren Anblick war suspekt, auch nach dem Aufräumen blieb die Stelle unter Verdacht. Probiert. Ohne Gerte ging man nur sehr verhalten und mit höchst gespannter Aufmerksamkeit in der Nähe des Zauns entlang, dicht dran aber auf keinen Fall. Nun bei der nächsten Runde die Gerte gut sichtbar mit der Spitze weit vor dem Pferdemaul zwischen Zaun und Pferd gehalten. Die Unruhe blieb gänzlich aus, wir gingen vollkommen gelassen dicht am Zaun entlang. Auch hinterher keine Spannung. Alles Gut! Und wiederholbar!
Ungefähr ein Monat mit acht Tagen leichter Arbeit liegt hinter uns. Will man mehr?
Die Logik dahinter?
Vielleicht dies: Die Gerte ist etwas, das man respektiert und das einem den Weg weist. Natürlich gilt das für jeden, auch den, der einen mißtrauisch macht oder gar ängstigen will. So wird die Gerte zum Schutz.


 

hochHufe geben in der Box

  Können wir sowas nach Gutsherrenart?
Nein! Aber wir können sowas nach Gutsdamenart:
 
Anfangs gab es das Problem garnicht. Pferd hat ohnehin niemanden in die Box gelassen. Stand sofort an der rückwärtigen Wand, mit dem Hintern leicht aber unübersehbar Richtung Eingang. Das haben wir schnell hingekriegt, beiläufig durch Mitlaufen beim abendlichen Reinholen. Es ergab sich von selber.
Im übrigen, wen interessiert schon das Hufeauskratzen in der Box? Mich nicht, doch die 'Chefin' ist uns überlaut und mit Geschrei damit auf die Nerven gegangen, einfach sagen geht nicht. "Dominanzproblem" der besonderen Art? Identitätskrise einer jugendträumenden Hauptpostschaffnerin? Sei's drum, der Ruhe halber (irrige Hoffung!) hab' ich einfach mal angefangen. Ergab sich das bekannte Muster: Erstmal abenteuerlich, nächsten Morgen mit viel Zappelei, und am Abend schon fast wie selbstverständlich. Das Gezappel erklärt sich auch dadurch, daß mein Zunchen nun erstmals seit wenigstens 2½ Jahren richtig rossig geworden ist. Und ausgerechnet dann soll man auch noch zum ersten Mal fremde Leute an den Beinen rumfingern lassen. Verschärft: Den Fuß auch noch durchreichen, weil's Drumrumlaufen quallenhaften Körpern offenbar zu beschwerlich scheint? Schwere Übung, und dumm: Kann lästig werden, kluges Pferd gibt erst den einen Fuß und beim nächsten 'Fuß' den von der anderen Seite; nochmal denselben kann schwierig werden - 'dummes Pferd'? Dennoch, kriegen wir hin; ein paar Tage noch.
 
Wie?
So: Vorhand hat je eine Stelle, die man Achselhöhle nennen könnte, die Ellenbogenbeuge. Wenn das Zunipferd (sicher geht das auch bei anderen) nun mit dem Vorderbein in der Luft vor- und zurückrudert, braucht man nur die Hand dort hineinzulegen und schon ist es ganz ruhig. Hintenrum war's ebensoleicht, äußere Hand streicht mit sanftem Druck die Hinterbacken runter, innere greift unterm Pferd hindurch das Röhrbein, "Fuß" gesagt, Bein ein wenig nach vorne hochgezogen, dann nach hinten gestreckt, und statt das Rumgeeier zu bestrafen, fest und sicher zugegriffen, ruhig gehalten und in einem besonders ruhigen Moment mit "braves Pferd" (etc) und Kommando "ab" die Übung beendet. Wie gehabt: Erstmal abenteuerlich, nächsten Morgen mit viel Zappelei, und am Abend schon fast wie selbstverständlich. [11/06] - Die Durchreichübung beschreibe ich nicht, ist mir gar zu blöd.
 
Geschehen. Aber nun braucht's niemand mehr, in der Tat nur noch lästig …

 

hochSpringen

 

So ganz nebenbei will ich hier auch mal mit einem immer wieder kolportierten Märchen aufräumen, nämlich dem, daß Pferde freiwillig nicht springen würden. Beobachtung beim Weg der Pferdegruppe von der Koppel zum Tränkbottich: Nach einer kleinen Brücke laufen alle in weitem Bogen um eine nasse Stelle mit Gestrüpp herum. Zuni nicht, die springt. Das war vor anderthalb Jahren. Inzwischen gekräftigt nimmt sie kleinere Hindernisse (vergleichbar A-Klasse) offensichtlich allein aus Faulheit lieber im Sprung, als drumrumzulaufen. Dasselbe im Wald auf Wegen ebenso wie im Unterholz! Bei kleinen Senken oder im Wege liegenden dicken Ästen, die eigentlich lässig im Schritt zu passieren sind, nur mal kurz 'hops' gesagt, und Zuni hüpft drüber. Dieses 'hops' synchron während eines jeden Sprunges oder auch nur kleinen Hüpfers hat auch hier wieder umkehrbar ein Kommando erzeugt, das freiwillig und ganz in Ruhe ausgeführt wird! An ein beliebiges - zugegeben, derzeit noch kaum ernstzunehmendes - Hindernis herangeführt hat sie noch nie den Versuch, es zu umgehen, auch nur angedeutet. Will nun jemand allen Ernstes noch behaupten, Pferde würden aus freien Stücken nicht springen? Blödsinn! [3/07]


 

hochRückwärtsgehen 

 

Ebenso unsinnig und kenntnislos ist die Behauptung, Pferde würden von sich aus nicht rückwärtsgehen. Beim Grasen zwischen Bäumen z.B. kann jeder das Gegenteil beobachten. Auf freiem Feld hat Zuni es deutlich vorgemacht: Rückwärts trabend hat sie ihre kleine Herde in der Mitte zusammengetrieben, um an den auf der Koppel verteilten Heuhaufen jeweils häppchenweise ihren ersten Hunger zu stillen. Zwischendurch immer mal in der Mitte wieder für Ordnung gesorgt. Stets im Rückwärtsgang. Praktisch, denn so hat man die Hinterkeulen für allfällige Disziplinierungsmaßnahmen in günstiger Position - was ernsthaften Widerspruch zumeist schon im Keim erstickt. Also, Pferde gehen freiwillig nicht rückwärts? Wer dran glaubt... - sollte einfach mal hinsehen.

Hilfreich unterwegs: Wo's Zunchen partout nicht vorbei will, kurzerhand Kehrtwendung und rückwärts bis ungefähr auf Höhe der Gefahrenstelle. Wieder Kehrt, dabei das Gesicht von der Gefahrenstelle abgewandt, und gleich munter vorwärts. Einfach so, ganz in Ruhe, oder mitunter etwas nachdrücklicher den Fluchttrieb ausnutzend dran vorbei. Als letzte Zuflucht genutzt, stets erfolgreich, i.e. beim nächsten Anreiten derselben Stelle keinerlei Unruhe.

Zu Fuß, bei Stellen, an denen's Pferd eine besondere Abneigung hat oder wo ihm die Sache suspekt ist, läßt sich das Rückwärtstreten ganz einfach forcieren. Man greift das Pferd wie zum regulären Führen am Strick und drückt mit der freien Hand leicht gegen den Bug. Hilft das nicht, oder ist die Wirkung zu gering, können bei einer Stute ebensoleichte, gleichzeitige Berührungen mit dem Schuh in halber Höhe an den Röhrbeinen den Rückwärtsdrang unterstützen. Es sind wirklich nur sehr leichte Berührungen erforderlich. Selbst dann kann die Reaktion noch einen Moment lang recht heftig sein. Vorsicht also, und die gesteigerte Variante nicht bei einem Hengst anwenden! Der empfindet das u.U. als Kampfansage und wehrt sich.

   

hochGrundausbildung

  Der Begriff erfreut sich mitunter merkwürdiger und stark "personalisierter" Interpretation. Da vernimmt man etwa die verwegene Behauptung, jenes Stadium innerhalb dreier Monate erreichen zu können (huschke, was sonst - *) rsp. daß, sofern nicht eigene Unfähigkeit den Ausbilder daran hindere, dieses Ziel innerhalb von längstens sechs Monaten zu erreichen sei. Nun ja, man kennt die traurigen Resultate. Darum ohne weiteren Kommentar Zitat einer auch in den theoretischen Fragen der Pferderei sehr ausführlichen Quelle, "Pferdesport I", Sportverlag Berlin 1970, Kap. 3.1 (pg 173):
Ziel der Grundausbildung des Pferdes ist, das junge, noch ungerittene Tier durch zielgerichtete und systematische, seine psychischen und physischen Gegebenheiten brücksichtigende Beeinflussung so vorzubereiten, daß es die für seine Verwendung im Dienste des Menschen erforderlichen Eigenschaften in einem Grad erwirbt, der den Ausgangspunkt für eine spätere Spezialisierung bilden kann.
  ...
Die Grundausbildung hat die Aufgabe, die natürlichen Anlagen des Pferdes allseitig zu entwickeln und ihm eine Form und Haltung zu geben, in der es seine Leistungsfähigkeit voll entwickeln kann. Das Pferd soll am Abschluß seiner Grundausbildung
  1. an alle Einflüsse gewöhnt sein, die im Zusammenhang mit seiner Verwendung auftreten;
  2. zum Vertrauen gegenüber dem Menschen und den Anforderungen, die er ihm stellt, erzogen sein;
  3. die Signale, mit deren Hilfe der Mensch ihm seinen Willen übermittelt, kennen und befolgen gelernt haben;
  4. die zur Erfüllung der ihm gestellten Aufgaben erforderliche Gewandtheit, Kraft und Ausdauer gewonnen haben, so daß es eine Dressurprüfung der Klasse L ohne gröbere Mängel absolvieren, eine Springbahn der Klasse L fehlerfrei überwinden und einen Geländeritt der Klasse L im vorgeschriebenen Tempo ohne Fehler gehen kann.
Allerdings wird dort auch nicht propagiert, daß ein begabtes Tier bereits fünfjährig in der M-Klasse erfolgreich sein müsse - um zehnjährig wegen zerstörter Gelenke diskret entsorgt zu werden...

(*) Z.B. ein ruiniertes, einst zur S-Dressur ausgebildetes Pferd als ‘nicht mehr reitbar’ für‘n symbolischen Preis übernehmen, um die kindliche Tochter damit A-Prüfungen gewinnen zu lassen. Nebst Pokal und öffentlicher Auszeichnung. Schon eine reife Leistung! Ehrfurcht und so …

 
 hoch
 


 
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